@Marek
Mir sind die Ausführungen des Herrn Habsburg soweit bekannt.
Marek1964 hat geschrieben:
"Basler Zeitung: Noch heute sagen viele: Die Habsburger sind am Ersten Weltkrieg schuld. Stört Sie dieses Bild?
KvH:Nein, ich sehe das absolut akademisch. Es ist historisch falsch, und das ist längst auch unzählige Male belegt. Geschichte funktioniert nun einmal nicht nach dem Prinzip: Wer ist schuld, auf wen kann ich mit dem Finger zeigen?"
Klar, dass er das sagt. Wer hat schon die Größe, kapitale Fehler des eigenen Herrschergeschlechts zuzugeben?
Marek1964 hat geschrieben:
Jetzt höre ich schon Titus dreschen... Aber auch ich muss sagen, das negiert natürlich die Verantwortung einer machthabenden Familie und des Adels insgesamt. Als Führungselite sollte man eben Herausforderungen der Zeit bewätligen und nicht noch schlimmer machen - die Adeligen waren ja alle miteineinder verwandt - warum waren sie während des Krieges nicht in der Lage, etwas für den Frieden zu tun? So aber wurden sie zu Recht 1918 von den Ereignissen weggeschwemmt (obwohl ich gerade Karl I. da noch eher positiv sehe im Gegensatz zu Wilhelm). [...]
Positiv im Vergleich zu Wilhelm sagt aber nicht viel, der hatte schließlich ein paar Jahre länger Zeit, um den Karren ordentlich in den Dreck zu fahren
Abgesehen davon, dass Zeitzeugen Karl als überheblichen, selbstgerechten und unreifen Burschen beschrieben, zeigt doch z.B. die Sixtusaffäre, dass der Gute völlig daneben war. Es gehört schon eine gewisse Dummdreistigkeit dazu, dem Gegner etwas geben zu wollen, was einem gar nicht gehörte (Elsass-Lothringen) aber selbst nicht zu den geringsten Zugeständnissen bereit zu sein. Da ließ man halt lieber weiter tausende Männer in einem sinnlosen Krieg kämpfen und sterben, mit dem Resultat, dass einem am Schluss gar nichts mehr blieb.
Marek1964 hat geschrieben:
KvH: "Wenn es beim Ersten Weltkrieg einen Schuldigen gibt, dann ist es der Nationalismus, dieses Grundgefühl, dass man glaubt, den anderen Völkern überlegen zu sein und auf sie herabschauen zu können. Dieses Gefühl der eigenen Überlegenheit hat uns in den Ersten Weltkrieg hineingeführt – und auch in den Zweiten.
Der Nationalismus, besser gesagt der Chauvinismus, hatte unzweifelhaft erklecklichen Anteil an der Urkatastrophe des 20. Jh.; mindestens genauso schuld war jedoch der Militarismus.
Ich sehe die Kriegsgeilheit hoher Militärs, die damals ekanntermaßen sehr viel Einfluss hatten, als maßgeblichste Ursache für den Krieg an. Diese wollten sich beweisen, ihr Ego polieren, die neuen Waffen ausprobieren. Sie ließen ohne mit der Wimper zu zucken zu, dass Millionen junge Männer für ihre Machtphantasien in den Schützengräben verreckten, und schwafelten von "Abnutzungskrieg" und "Blutpumpe"...
Marek1964 hat geschrieben: Karl von Habsburg:
"Solche nationalistischen Strömungen gibt es bis heute, das sahen wir im Mai bei den Europawahlen, bei denen Kräfte wie die FPÖ in Österreich oder der Front National in Frankreich zulegen konnten."
Für einen selbstbestimmten Nationalstaat einzutreten und nicht in einem zentralistischen EU-Einheitsbrei als fremdbestimmte Provinz aufgehen zu wollen, ist -ob man es teilt oder nicht- ein legitimes politisches Anliegen. Das mit den Kriegsfanatikern des 1. WK zu vergleichen, ist ein starkes Stück. Für den Wunsch nach Selbstbestimmtheit sollten doch grad die Schweizer ein bisschen Verständnis haben. Hat man dieses Anliegen, kommt man bei den Wahlen in F oder Ö zz eben nur schwer am FN oder an der FPÖ vorbei.
Selbst die SPD/SPÖ war anno 1914 nationalistischer, als der FN oder die FPÖ heute.
Marek1964 hat geschrieben:
Dem ist wohl zuzustimmen, aber warum haben die Habsburger auch da nicht mehr Gegensteuer gegeben?[...]
Was genau meinst du mit "Gegensteuer"?