von Peppone » 01.09.2013, 19:08
Daemon hat geschrieben:Es gab definitiv eine Apotheos des Romulus. Angeblich hat der Kriegsgott
Mars Romulus während einer Sonnenfinsternis zu sich geholt. Das kann man schon so interpretieren. Zwar gehen einige römische Feste auf die Sage zurück, andererseits gab es keinen Romuluskult.
Es sei denn, man nimmt den Qurinius-Kult als Romulus-Kult, denn die beiden wurden in augusteischer Zeit gleichgesetzt, auch wenn Varro berichtet, Qurinius sei der Kriegsgott der Sabiner gewesen. Auf diese Idee kommt Varro aber nur, weil er "weiß", dass die Vorläufersiedlung Roms auf dem Qurinal eine sabinische Siedlung gewesen ist.
Und damit sind wir auch schon beim Problem: Die Römer wussten über ihre Religion im Grunde sehr wenig, sie stellten Mutmaßungen über die Entstehung von Götternamen an und ethymologisierten dabei frisch drauf los, und sie stellten Parallelen zur griechischen Götterwelt her, was dazu führte, dass etliche altrömische Götter, z.B. Neptunus, ihren Charakter vollkommen veränderten. Von vielen altrömischen Göttern wusste man in spätrepublikanischer Zeit auch nicht mehr, wofür sie denn überhaupt zuständig waren, obwohl man nach wie vor ihre Feste feierte und ihre Priesterschaften pflegte.
Augustus ließ einige dieser zwischenzeitlich abgestorbenen Priesterschaften wieder erneuern, aber wenn man sich die alten Festkalender mal genauer anschaut, merkt man, dass die altrömische Religion so etwas wie Heroen und Halbgötter als Verbindung zwischen göttlicher und menschlicher Welt nicht kannte, ja, dass nicht einmal das Menschliche der griechischen Götterwelt in Rom bekannt war. Götterehen, Götterkinder - unbekannt.
Stattdessen hat man es in altrömischer Zeit eher mit einer bäuerlichen Götterwelt zu tun, in der z.B. für jede Handlung, die mit der Aussaat oder der Ernte zu tun hatte, eine eigene Gottheit zuständig war. Außerdem gab es sowohl einen Gott der Quellen - Fons - wie auch einen Gott der Flüsse - Volturnus, übersetzt der "Wälzer" - und daneben aber für jeden Bachlauf wieder eigens zuständige Gottheiten. Die altrömische Religion scheint mehr mit dem Schamanismus, der ja jede Naturerscheinung als etwas ansieht, hinter dem eine Gottheit wirkmächtig steht, als mit der griechischen Götterwelt zu tun gehabt zu haben und sich erst im Lauf der Zeit der griechischern Religion angepasst zu haben, wobei aber die Mythenbildung in altrömischer Zeit so wenig ausgeprägt war, dass sie schlicht nicht erfolgte. In den römischen Mythen haben wir also mitnichten altes, "verborgenes" Wissen vor uns. Als die Mythenbildung nach griechischen Vorbildern einsetzte, war die Funktion vieler sehr alter Götter schon so weit vergessen, dass diese Götter entweder nicht in den "neurömisch-griechischen" Götterhimmel eingebaut wurden oder aber in teils völlig anderer Funktion. Aus Faunus, dem altrömischen Gott des Waldes, wird bei Vergil und Ovid ein Abklatsch der griechischen Satyrn - in gleicher Ausstattung, mit Bocksfüßen und dauergeil.
Und nun zu Romulus. Der hatte keinen göttlichen Charakter, zumindest nicht vor der Zeit Caesars und Augustus, als er als Quirinus in den Staatskult eingebaut wurde. Dementsprechend war er zwar der legendär-mythische Stadtgründer, ihm wurde aber keine göttliche Verehrung zuteil. Das passierte erst zu Beginn der Kaiserzeit.
Beppe
[quote="Daemon "]Es gab definitiv eine Apotheos des Romulus. Angeblich hat der Kriegsgott [url=http://romulusundremus.com/mars-der-kriegsgott-des-antiken-rom/]Mars[/url] Romulus während einer Sonnenfinsternis zu sich geholt. Das kann man schon so interpretieren. Zwar gehen einige römische Feste auf die Sage zurück, andererseits gab es keinen Romuluskult. [/quote]
Es sei denn, man nimmt den Qurinius-Kult als Romulus-Kult, denn die beiden wurden in augusteischer Zeit gleichgesetzt, auch wenn Varro berichtet, Qurinius sei der Kriegsgott der Sabiner gewesen. Auf diese Idee kommt Varro aber nur, weil er "weiß", dass die Vorläufersiedlung Roms auf dem Qurinal eine sabinische Siedlung gewesen ist.
Und damit sind wir auch schon beim Problem: Die Römer wussten über ihre Religion im Grunde sehr wenig, sie stellten Mutmaßungen über die Entstehung von Götternamen an und ethymologisierten dabei frisch drauf los, und sie stellten Parallelen zur griechischen Götterwelt her, was dazu führte, dass etliche altrömische Götter, z.B. Neptunus, ihren Charakter vollkommen veränderten. Von vielen altrömischen Göttern wusste man in spätrepublikanischer Zeit auch nicht mehr, wofür sie denn überhaupt zuständig waren, obwohl man nach wie vor ihre Feste feierte und ihre Priesterschaften pflegte.
Augustus ließ einige dieser zwischenzeitlich abgestorbenen Priesterschaften wieder erneuern, aber wenn man sich die alten Festkalender mal genauer anschaut, merkt man, dass die altrömische Religion so etwas wie Heroen und Halbgötter als Verbindung zwischen göttlicher und menschlicher Welt nicht kannte, ja, dass nicht einmal das Menschliche der griechischen Götterwelt in Rom bekannt war. Götterehen, Götterkinder - unbekannt.
Stattdessen hat man es in altrömischer Zeit eher mit einer bäuerlichen Götterwelt zu tun, in der z.B. für jede Handlung, die mit der Aussaat oder der Ernte zu tun hatte, eine eigene Gottheit zuständig war. Außerdem gab es sowohl einen Gott der Quellen - Fons - wie auch einen Gott der Flüsse - Volturnus, übersetzt der "Wälzer" - und daneben aber für jeden Bachlauf wieder eigens zuständige Gottheiten. Die altrömische Religion scheint mehr mit dem Schamanismus, der ja jede Naturerscheinung als etwas ansieht, hinter dem eine Gottheit wirkmächtig steht, als mit der griechischen Götterwelt zu tun gehabt zu haben und sich erst im Lauf der Zeit der griechischern Religion angepasst zu haben, wobei aber die Mythenbildung in altrömischer Zeit so wenig ausgeprägt war, dass sie schlicht nicht erfolgte. In den römischen Mythen haben wir also mitnichten altes, "verborgenes" Wissen vor uns. Als die Mythenbildung nach griechischen Vorbildern einsetzte, war die Funktion vieler sehr alter Götter schon so weit vergessen, dass diese Götter entweder nicht in den "neurömisch-griechischen" Götterhimmel eingebaut wurden oder aber in teils völlig anderer Funktion. Aus Faunus, dem altrömischen Gott des Waldes, wird bei Vergil und Ovid ein Abklatsch der griechischen Satyrn - in gleicher Ausstattung, mit Bocksfüßen und dauergeil.
Und nun zu Romulus. Der hatte keinen göttlichen Charakter, zumindest nicht vor der Zeit Caesars und Augustus, als er als Quirinus in den Staatskult eingebaut wurde. Dementsprechend war er zwar der legendär-mythische Stadtgründer, ihm wurde aber keine göttliche Verehrung zuteil. Das passierte erst zu Beginn der Kaiserzeit.
Beppe