von RedScorpion » 09.09.2013, 23:41
Peppone hat geschrieben:RedScorpion hat geschrieben:Wenn es so gewesen wäre, dass die (lächerlichen) Gebietsabtretungen des DR 1919 bzw. die "unerlösten", von Menschen deutscher Sprache besiedelten Gebiete Europas und Amerikas Ursache des NS und von WWII gewesen wären,
dann hätte es keinen Grund gegeben, Skandinavien, Benelux und Frankreich zu besetzen bzw. einen Krieg mit Grossbritannien zu führen.
Abgesehen davon, dass z.B. die deutsche Besetzung Dänemakrs und Norwegens aus kriegstaktischen Gründen erfolgte
...
Das kannste aber von jedem Kriegsschauplatz sagen, mit einem gewissen Recht. Sogar Barbarossa, und wenn man will, auch Zwangsarbeitereinsatz und Shoa, bis zu einem gewissen Punkt. Taktik ist immer überall irgendwie drin; die Frage ist, wie stark ihre Verbindung mit Strategie und Vernunft ist.
Peppone hat geschrieben:
...
... und abgesehen davon, dass die einschlägigen Passagen des VV tatsächlich in Deutschland derart hochgekocht wurden, dass sie mit dazu beitrugen, NS und WW II zu begünstigen ...
...
Was aber, so dachte ich zumindest, die Sichtweise lediglich der Nazis ist, um eben eine rationale bzw. "naturrechtliche" Rechtfertigung für Angriffskriege zu finden.
Hapert v.a. daran, dass eben 1920 keine NSDAP o.ä. Wahlen gewann, dass sie die starke Position der Weimarer Republik (mitsamt ihren wirtschaftlichen und politischen Erfolgen, die ihr die Nazis absprachen) unberücksichtigt lässt, dass Hitler v.a. auch keinen so starken Rückhalt in der Bev. hatte, wie das hier manchmal klingt, und zwar deutlich. Was man heute - auch nachträglich - sogar messen kann (Steuermoral, Namengebung, Spareinlagen und so). So doof, wie manchmal getan wird, waren und sind die Deutschen nicht.
Peppone hat geschrieben:
...
... ich denke, das ganze Gerede um den VV könnte doch auch was mit Südtirol zu tun haben.
Die dortigen Spannungen, die ja Thema dieses 3ds sein sollen, stammen ja nicht allein davon, dass Mussolini Südtirol zwangsitalienisieren wollte, oder?
...
Freilich nicht. Eher aus der unsicheren Lage und der ungeklärten Zukunft Oesterreichs bzw. der Rolle Italiens dabei (und freilich die Langfinger Deutschlands fürchtend).
Paul hat geschrieben:
...
Natürlich hätte der Krieg abgebrochen werden müssen, wenn es schon dazu kam, als die Ziele erreicht wurden, die dem Gerechtigkeitsgefühl der meisten Deutschen entsprachen. In meinen Gesprächen mit Amerikanern, können diese ihre damaligen Regierungen nicht verstehen. Sie haben immer gesagt, das das Selbstbestimmungsrecht die Grundlage für den Friedensschluß hätten sein müssen.
...
Wieso? Weil Deutschland 1914 fremdbesetzt war? Versteh' ich nicht. Zumal Grund für den Krieg ja eine Missachtung von Allianzen durch das DR war und die Störung des Welthandels, nicht die Befreiung Polens (gegen die das DR z.B. ja gar nichts hatte, im Gegenteil, es machte sich sogar dafür stark; die Frage ist, wie ehrlich ein ans DR angelehntes hohenzollernsches Polen war, aber immerhin).
Grundlage für eine Neuordnung hätte ein Wiederaufbau der alten Handelsbeziehungen sein müssen; was Staatszerstückelungen eher erschwerten (ausgerechnet D erfüllte diesen Wunsch aber gut, und nicht zuletzt das war auch der Grund dafür, dass es bis in die 30er in D eben keine Diktatur gab, im Unterschied zu anderen Ländern, gar nicht wenigen).
Paul hat geschrieben:
...
Die 1939 angegriffenen Länder hätten aber dann keinen Frieden geschlossen. Polen, Litauen und die Tschechische Republik... hätten vielleicht ihre überwiegende Wiederherstellung begrüßt, Frankreich hätte sich nicht darauf eingelassen. Die USA und Großbrittanien hätten sich wieder gegen einen sofortigen Frieden ausgesprochen. Über die Reaktionen in Russland, angesichts der dort damals herrschenden Diktatur kann man nur spekulieren. Dieses Szenario hätte sicherlich erfordert, das z.B. die Wehrmacht die Nationalsozialisten entmachtet hätte und dann den Frieden angeboten hätte, wie es die Attentäter später auch planten.
...
Das (was Du hier im Absatz, aber auch andere schreiben) klingt immer so, als hätte die dt. Bev. grossteils hinter Hugenberg, Hindenburg und Schleicher und so gestanden, die dann von Hitler gelinkt wurden, und das noch, ohne es zu merken. Ich denke, es war von vornherein deutlichst sichtbar, dass die Reise nicht zurück ging nach 1918, 1914 oder 1871, sondern woandershin bis ganz woandershin. Daher auch das totale Ausbleiben an Jubel (in Deutschland!) bei "Ausbruch" des Krieges 1939, weil alle ganz genau geschnallt hatten, dass sich Hitler bzw. der NS eben gerade nicht mit der Wiederherstellung der alten Grenzen und alter Machtposition zufriedengab, die sie ja, noch dazu bis 1938 zwar trickreich, aber noch halbwegs friedlich, hinbekommen hatten.
Das wurde erst wieder anders mit dem Sieg über Frankreich, als die Hoffnung aufkam, man käme mit 'nem blauen Auge davon, aber war dann spätestens vor Moskau wieder im Eimer (also lang vor Stauffenbergs Attentat). Diesmal vollends.
Paul hat geschrieben:
...
Wir sind uns einig, die Nationalsozialisten hatten ganz andere Ziele. Leider haben sie die Emotionen zu ihrer Machtergreifung ausnutzen können, die durch die Fehler von Versailes und St. Germain entstanden.
...
M.E. interessierte das überhaupt niemanden. Die in den abgetretenen Gebieten wohnenden Deutschsprachigen waren froh, nicht in D zu wohnen (wahrscheinlich ausser denjenigen in der Sowjetunion), und im Reich hatte man andere Sorgen als irgendwelche doofen Ausländer. Man hatte gesehen bzw. erlebt, dass es das Kaiserreich nicht gepackt hatte, die Jahre der Republik - gelinde ausgedrückt - auch nicht mehr das waren, was sie 'mal war (also die guten Jahren vor 1929), die Konservative mit beiden verstrickt waren und die SPD auch. Nicht gerade für Stabilität sorgten die Kommunisten, denen man im Zweifelsfall weniger zutraute als der neuen Kraft, eben den Nazis. Das war m.E. das Problem, nicht irgendwelche ausgehebelten Verträge von 15 Jahren zuvor, rückständige abgetretene Gebiete, die man froh war, los zu sein, oder nervende Ausländer. böhmische Gefreite, Baltendeutsche, jiddischsprachige Galizier, Wolgadeutsche und was weiss ich; die wollte garantiert kein Mensch. Zu keiner Zeit. Das war dann ja auch ein nicht unerhebliches Problem für die Betroffenen. Aber nicht für Deutschland.
Paul hat geschrieben:
...
Natürlich wäre es besser gewesen, wenn die Apeasementpolitik früher gekommen wäre, um die Republik in Deutschland zu stärken und nicht die Nationalsozialisten.
...
Versteh' ich auch nicht. Der Fehler war ja gerade die Appeasementpolitik. Bis 1938 wäre ja auch noch die Tschechoslowakei in der Lage gewesen, der Reichswehr bzw. Wehrmacht den Garaus zu machen. Leider tat sie es nicht rechtzeitig.
Paul hat geschrieben:
...
Gerechtigkeit hätte aber auch ein eigenständiges Anliegen sein müssen, über die Selbstverständlichkeit hinaus, den eignen Vorteil zu sehen.
LG
[quote="Peppone"][quote="RedScorpion"]Wenn es so gewesen wäre, dass die (lächerlichen) Gebietsabtretungen des DR 1919 bzw. die "unerlösten", von Menschen deutscher Sprache besiedelten Gebiete Europas und Amerikas Ursache des NS und von WWII gewesen wären,
dann hätte es keinen Grund gegeben, Skandinavien, Benelux und Frankreich zu besetzen bzw. einen Krieg mit Grossbritannien zu führen. [/quote]
Abgesehen davon, dass z.B. die deutsche Besetzung Dänemakrs und Norwegens aus kriegstaktischen Gründen erfolgte
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Das kannste aber von jedem Kriegsschauplatz sagen, mit einem gewissen Recht. Sogar Barbarossa, und wenn man will, auch Zwangsarbeitereinsatz und Shoa, bis zu einem gewissen Punkt. Taktik ist immer überall irgendwie drin; die Frage ist, wie stark ihre Verbindung mit Strategie und Vernunft ist.
[quote="Peppone"]
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... und abgesehen davon, dass die einschlägigen Passagen des VV tatsächlich in Deutschland derart hochgekocht wurden, dass sie mit dazu beitrugen, NS und WW II zu begünstigen ...
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Was aber, so dachte ich zumindest, die Sichtweise lediglich der Nazis ist, um eben eine rationale bzw. "naturrechtliche" Rechtfertigung für Angriffskriege zu finden.
Hapert v.a. daran, dass eben 1920 keine NSDAP o.ä. Wahlen gewann, dass sie die starke Position der Weimarer Republik (mitsamt ihren wirtschaftlichen und politischen Erfolgen, die ihr die Nazis absprachen) unberücksichtigt lässt, dass Hitler v.a. auch keinen so starken Rückhalt in der Bev. hatte, wie das hier manchmal klingt, und zwar deutlich. Was man heute - auch nachträglich - sogar messen kann (Steuermoral, Namengebung, Spareinlagen und so). So doof, wie manchmal getan wird, waren und sind die Deutschen nicht.
[quote="Peppone"]
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... ich denke, das ganze Gerede um den VV könnte doch auch was mit Südtirol zu tun haben.
Die dortigen Spannungen, die ja Thema dieses 3ds sein sollen, stammen ja nicht allein davon, dass Mussolini Südtirol zwangsitalienisieren wollte, oder?
...[/quote]
Freilich nicht. Eher aus der unsicheren Lage und der ungeklärten Zukunft Oesterreichs bzw. der Rolle Italiens dabei (und freilich die Langfinger Deutschlands fürchtend).
[quote="Paul"]
...
Natürlich hätte der Krieg abgebrochen werden müssen, wenn es schon dazu kam, als die Ziele erreicht wurden, die dem Gerechtigkeitsgefühl der meisten Deutschen entsprachen. In meinen Gesprächen mit Amerikanern, können diese ihre damaligen Regierungen nicht verstehen. Sie haben immer gesagt, das das Selbstbestimmungsrecht die Grundlage für den Friedensschluß hätten sein müssen.
...[/quote]
Wieso? Weil Deutschland 1914 fremdbesetzt war? Versteh' ich nicht. Zumal Grund für den Krieg ja eine Missachtung von Allianzen durch das DR war und die Störung des Welthandels, nicht die Befreiung Polens (gegen die das DR z.B. ja gar nichts hatte, im Gegenteil, es machte sich sogar dafür stark; die Frage ist, wie ehrlich ein ans DR angelehntes hohenzollernsches Polen war, aber immerhin).
Grundlage für eine Neuordnung hätte ein Wiederaufbau der alten Handelsbeziehungen sein müssen; was Staatszerstückelungen eher erschwerten (ausgerechnet D erfüllte diesen Wunsch aber gut, und nicht zuletzt das war auch der Grund dafür, dass es bis in die 30er in D eben keine Diktatur gab, im Unterschied zu anderen Ländern, gar nicht wenigen).
[quote="Paul"]
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Die 1939 angegriffenen Länder hätten aber dann keinen Frieden geschlossen. Polen, Litauen und die Tschechische Republik... hätten vielleicht ihre überwiegende Wiederherstellung begrüßt, Frankreich hätte sich nicht darauf eingelassen. Die USA und Großbrittanien hätten sich wieder gegen einen sofortigen Frieden ausgesprochen. Über die Reaktionen in Russland, angesichts der dort damals herrschenden Diktatur kann man nur spekulieren. Dieses Szenario hätte sicherlich erfordert, das z.B. die Wehrmacht die Nationalsozialisten entmachtet hätte und dann den Frieden angeboten hätte, wie es die Attentäter später auch planten.
...[/quote]
Das (was Du hier im Absatz, aber auch andere schreiben) klingt immer so, als hätte die dt. Bev. grossteils hinter Hugenberg, Hindenburg und Schleicher und so gestanden, die dann von Hitler gelinkt wurden, und das noch, ohne es zu merken. Ich denke, es war von vornherein deutlichst sichtbar, dass die Reise nicht zurück ging nach 1918, 1914 oder 1871, sondern woandershin bis ganz woandershin. Daher auch das totale Ausbleiben an Jubel (in Deutschland!) bei "Ausbruch" des Krieges 1939, weil alle ganz genau geschnallt hatten, dass sich Hitler bzw. der NS eben gerade nicht mit der Wiederherstellung der alten Grenzen und alter Machtposition zufriedengab, die sie ja, noch dazu bis 1938 zwar trickreich, aber noch halbwegs friedlich, hinbekommen hatten.
Das wurde erst wieder anders mit dem Sieg über Frankreich, als die Hoffnung aufkam, man käme mit 'nem blauen Auge davon, aber war dann spätestens vor Moskau wieder im Eimer (also lang vor Stauffenbergs Attentat). Diesmal vollends.
[quote="Paul"]
...
Wir sind uns einig, die Nationalsozialisten hatten ganz andere Ziele. Leider haben sie die Emotionen zu ihrer Machtergreifung ausnutzen können, die durch die Fehler von Versailes und St. Germain entstanden.
...[/quote]
M.E. interessierte das überhaupt niemanden. Die in den abgetretenen Gebieten wohnenden Deutschsprachigen waren froh, nicht in D zu wohnen (wahrscheinlich ausser denjenigen in der Sowjetunion), und im Reich hatte man andere Sorgen als irgendwelche doofen Ausländer. Man hatte gesehen bzw. erlebt, dass es das Kaiserreich nicht gepackt hatte, die Jahre der Republik - gelinde ausgedrückt - auch nicht mehr das waren, was sie 'mal war (also die guten Jahren vor 1929), die Konservative mit beiden verstrickt waren und die SPD auch. Nicht gerade für Stabilität sorgten die Kommunisten, denen man im Zweifelsfall weniger zutraute als der neuen Kraft, eben den Nazis. Das war m.E. das Problem, nicht irgendwelche ausgehebelten Verträge von 15 Jahren zuvor, rückständige abgetretene Gebiete, die man froh war, los zu sein, oder nervende Ausländer. böhmische Gefreite, Baltendeutsche, jiddischsprachige Galizier, Wolgadeutsche und was weiss ich; die wollte garantiert kein Mensch. Zu keiner Zeit. Das war dann ja auch ein nicht unerhebliches Problem für die Betroffenen. Aber nicht für Deutschland.
[quote="Paul"]
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Natürlich wäre es besser gewesen, wenn die Apeasementpolitik früher gekommen wäre, um die Republik in Deutschland zu stärken und nicht die Nationalsozialisten.
...[/quote]
Versteh' ich auch nicht. Der Fehler war ja gerade die Appeasementpolitik. Bis 1938 wäre ja auch noch die Tschechoslowakei in der Lage gewesen, der Reichswehr bzw. Wehrmacht den Garaus zu machen. Leider tat sie es nicht rechtzeitig.
[quote="Paul"]
...
Gerechtigkeit hätte aber auch ein eigenständiges Anliegen sein müssen, über die Selbstverständlichkeit hinaus, den eignen Vorteil zu sehen.[/quote]
:wtf: :?:
LG