von ehemaliger Autor K. » 02.03.2013, 14:29
In den Geschichtsbüchern gilt Heinrich Brüning (1885-1970, erst Zentrum, dann parteilos) als der große Versager. Mit seiner törichten Wirtschaftspolitik hätte er die Wirtschaftskrise, die 1929 ausbrach, erheblich verschärft. Außerdem demontierte er mit den Notverordnungen die Weimarer Republik und bereitete somit Hitler den Weg. Nach dem Krieg unterrichtete er kurze Zeit an der Universität Köln Nationalökonomie und verfasste später in den USA seine Memoiren. Wenn es sich nicht nur um nachträgliche Rationalisierungen einer verfehlten Politik handeln sollte, zeigen diese immerhin, dass er damals durchaus ein Konzept gehabt haben will, um die Krise zu überwinden, das vielleicht funktioniert hätte, wenn die Prämissen richtig gewesen wären. Dass diese sich als falsch herausstellten, konnte man freilich 1930 bei seinem Regierungsantritt noch nicht wissen.
Als er 1930 Reichskanzler wurde, befand sich die Wirtschaft auf rasanter Talfahrt. Dadurch sanken auch die Staatseinnahmen erheblich und die Ausgaben wurden nicht mehr finanzbar. Während heute die Politiker in einer solchen Lage Schulden aufnehmen, galt damals die Doktrin des ausgeglichenen Haushaltes. Weniger Einnahmen, also auch weniger Ausgaben. Schulden machen galt als unseriös und inflationär. Nach dem Ersten Weltkrieg hatte Deutschland vom Kaiserreich eine gigantische Staatsverschuldung geerbt in Form von Kriegsanleihen und diese beglichen, indem man hemmungslos die Notenpresse betätigte. Die verheerende Inflation von 1923 hatte zwar die Staatsschulden beseitigt, aber die Wirtschaft ins Chaos gestürzt. Dies sollte auf jeden Fall nicht wiederholt werden. Das eine begrenzte Staatsverschuldung und eine vorsichtige Vergrößerung der Geldmenge nicht inflationär wirkt, wenn sich parallel dazu die Warenmenge erhöht, so die schon damals bekannte Theorie von Keynes, wurde von den deutschen Politikern nicht akzeptiert und auch in den USA setzte sich diese Auffassung erst unter Roosevelt durch.
Brüning reagierte auf die sinkenden Einnahmen, indem er durch Notverordnungen eine radikale Sparpolitik betrieb: Kürzung von Arbeitslosengeld, Kürzung der Renten, Kürzung der Beamtengehälter, Absenkung der Löhne um 45 %, Kürzung aller Wohlfahrtsausgaben
Auf der Einnahmenseite reagierte er flexibel: Er erhöhte die indirekten Steuern: Die Salzsteuer, die Tabak-und Biersteuer, er erhob eine allgemeine Kopfsteuer und eine Krisensteuer.
Parallel senkte er aber direkte Steuern: Senkung der Gewerbesteuer, Senkung der Einkommenssteuer, Abschaffung der Kapitalertragssteuer.
Die angeschlagenen Banken wurden 1931 verstaatlicht und mit Steuergeldern saniert. Die Nazis haben sie später wieder privatisiert. Die maroden Güter der Junker in Preußen wurden durch Subventionen gestützt.
Heute würde man dies als Angebotspolitik bezeichnen. Seine Politik sollte die Kosten der Anbieter senken, um dies zu Investitionen anzureizen.
Nachfrageorientierte Politiker werfen ihm vor: Durch seine Sparpolitik hat er die Nachfrage so stark geschwächt, das sich für Anbieter eine Produktion nicht mehr lohnte. Es zahlt sich nicht aus, Güter herzustellen, die niemand kauft, selbst wenn die Kosten dafür gegen Null tendieren.
Brüning folgte allerdings einer anderen Überlegung: Er wollte in Deutschland radikal die Kosten senken, damit deutsche Produkte auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig werden. Die Binnennachfrage interessierte ihn nicht, über den Exportmultiplikator sollte die Wirtschaft angekurbelt werden. Diese Rechnung ging aber nicht auf, da der Weltmarkt zusammenbrach und sich auch nicht mehr erholte. Das wissen wir aber erst nachträglich, 1930 war dies noch nicht klar.
Brünings Politik wurde von den neuen Industrien unterstütz, vor allem von der Chemie-und Elektroindustrie, da sie international konkurrenzfähig war. Abgelehnt wurde der Reichskanzler von der Grundstoff- und Schwerindustrie, also der Kohle-und Stahlindustrie. Diese setzten auf eine nachfrageorientierte Staatspolitik. Der Staat sollte sich verschulden und mit dem Geld Rüstungsgüter finanzieren. Hitler war der Mann, der ihnen dies zusagte und deshalb unterstützten diese Kreise auch massiv die NSDAP mit Geldzuwendungen.
1932 zeichnete sich ab, dass der Weltmarkt sich nicht in absehbarer Zeit erholen würde und deshalb verloren auch die neuen Industrien das Interesse an Brüning, der im Sommer 1932 gestürzt wurde. Damit war auch seine Konjunkturpolitik gescheitert und die Nazis setzten dann später auf eine massive Staatsverschuldung, um die Krise zu überwinden. Mit einigem Erfolg, aber dieser schuldenfinanzierte Boom war nicht endlos fortzusetzen. Hätte man ihn aber gestoppt, wäre Deutschland in eine schwere Rezession geraten. Einen Ausweg bot aber die Expansion und die Ausplünderung fremder Volkswirtschaften, um den Boom endlos fortzusetzen. Diesen Weg beschritten bekanntlich die Nationalsozialisten.
[i]In den Geschichtsbüchern gilt Heinrich Brüning (1885-1970, erst Zentrum, dann parteilos) als der große Versager. Mit seiner törichten Wirtschaftspolitik hätte er die Wirtschaftskrise, die 1929 ausbrach, erheblich verschärft. Außerdem demontierte er mit den Notverordnungen die Weimarer Republik und bereitete somit Hitler den Weg. Nach dem Krieg unterrichtete er kurze Zeit an der Universität Köln Nationalökonomie und verfasste später in den USA seine Memoiren. Wenn es sich nicht nur um nachträgliche Rationalisierungen einer verfehlten Politik handeln sollte, zeigen diese immerhin, dass er damals durchaus ein Konzept gehabt haben will, um die Krise zu überwinden, das vielleicht funktioniert hätte, wenn die Prämissen richtig gewesen wären. Dass diese sich als falsch herausstellten, konnte man freilich 1930 bei seinem Regierungsantritt noch nicht wissen.[/i]
[i]Als er 1930 Reichskanzler wurde, befand sich die Wirtschaft auf rasanter Talfahrt. Dadurch sanken auch die Staatseinnahmen erheblich und die Ausgaben wurden nicht mehr finanzbar. Während heute die Politiker in einer solchen Lage Schulden aufnehmen, galt damals die Doktrin des ausgeglichenen Haushaltes. Weniger Einnahmen, also auch weniger Ausgaben. Schulden machen galt als unseriös und inflationär. Nach dem Ersten Weltkrieg hatte Deutschland vom Kaiserreich eine gigantische Staatsverschuldung geerbt in Form von Kriegsanleihen und diese beglichen, indem man hemmungslos die Notenpresse betätigte. Die verheerende Inflation von 1923 hatte zwar die Staatsschulden beseitigt, aber die Wirtschaft ins Chaos gestürzt. Dies sollte auf jeden Fall nicht wiederholt werden. Das eine begrenzte Staatsverschuldung und eine vorsichtige Vergrößerung der Geldmenge nicht inflationär wirkt, wenn sich parallel dazu die Warenmenge erhöht, so die schon damals bekannte Theorie von Keynes, wurde von den deutschen Politikern nicht akzeptiert und auch in den USA setzte sich diese Auffassung erst unter Roosevelt durch. [/i]
[i]Brüning reagierte auf die sinkenden Einnahmen, indem er durch Notverordnungen eine radikale Sparpolitik betrieb: Kürzung von Arbeitslosengeld, Kürzung der Renten, Kürzung der Beamtengehälter, Absenkung der Löhne um 45 %, Kürzung aller Wohlfahrtsausgaben
Auf der Einnahmenseite reagierte er flexibel: Er erhöhte die indirekten Steuern: Die Salzsteuer, die Tabak-und Biersteuer, er erhob eine allgemeine Kopfsteuer und eine Krisensteuer.
Parallel senkte er aber direkte Steuern: Senkung der Gewerbesteuer, Senkung der Einkommenssteuer, Abschaffung der Kapitalertragssteuer.
Die angeschlagenen Banken wurden 1931 verstaatlicht und mit Steuergeldern saniert. Die Nazis haben sie später wieder privatisiert. Die maroden Güter der Junker in Preußen wurden durch Subventionen gestützt.
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[i]Heute würde man dies als Angebotspolitik bezeichnen. Seine Politik sollte die Kosten der Anbieter senken, um dies zu Investitionen anzureizen.
Nachfrageorientierte Politiker werfen ihm vor: Durch seine Sparpolitik hat er die Nachfrage so stark geschwächt, das sich für Anbieter eine Produktion nicht mehr lohnte. Es zahlt sich nicht aus, Güter herzustellen, die niemand kauft, selbst wenn die Kosten dafür gegen Null tendieren.[/i]
[i]Brüning folgte allerdings einer anderen Überlegung: Er wollte in Deutschland radikal die Kosten senken, damit deutsche Produkte auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig werden. Die Binnennachfrage interessierte ihn nicht, über den Exportmultiplikator sollte die Wirtschaft angekurbelt werden. Diese Rechnung ging aber nicht auf, da der Weltmarkt zusammenbrach und sich auch nicht mehr erholte. Das wissen wir aber erst nachträglich, 1930 war dies noch nicht klar.
Brünings Politik wurde von den neuen Industrien unterstütz, vor allem von der Chemie-und Elektroindustrie, da sie international konkurrenzfähig war. Abgelehnt wurde der Reichskanzler von der Grundstoff- und Schwerindustrie, also der Kohle-und Stahlindustrie. Diese setzten auf eine nachfrageorientierte Staatspolitik. Der Staat sollte sich verschulden und mit dem Geld Rüstungsgüter finanzieren. Hitler war der Mann, der ihnen dies zusagte und deshalb unterstützten diese Kreise auch massiv die NSDAP mit Geldzuwendungen. [/i]
[i]1932 zeichnete sich ab, dass der Weltmarkt sich nicht in absehbarer Zeit erholen würde und deshalb verloren auch die neuen Industrien das Interesse an Brüning, der im Sommer 1932 gestürzt wurde. Damit war auch seine Konjunkturpolitik gescheitert und die Nazis setzten dann später auf eine massive Staatsverschuldung, um die Krise zu überwinden. Mit einigem Erfolg, aber dieser schuldenfinanzierte Boom war nicht endlos fortzusetzen. Hätte man ihn aber gestoppt, wäre Deutschland in eine schwere Rezession geraten. Einen Ausweg bot aber die Expansion und die Ausplünderung fremder Volkswirtschaften, um den Boom endlos fortzusetzen. Diesen Weg beschritten bekanntlich die Nationalsozialisten.
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