Barbarossa hat geschrieben:
Womit du sicher nicht sagen willst, daß 99,x Prozent der Ostbürger Wendehälse waren bzw. sind.
Klar ist ja nunmal, daß die sogenannten Wahlen" keine wirklichen Wahlen waren, denn es gab keine Auswahlmöglichkeit. Ich habe das sogenannte "Wahlprozedere" (an welchem ich auch selbst noch teilnehmen "durfte") in meinem Buch beschrieben:
...
Da möchte ich doch eine Episode beitragen aus eigenem Erleben. Es war anfang der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts - ich war gerade geschieden und lebte allein im ehemals ehelichen Häuschen in einem kleinen Dorf von reichlich 100 Einwohnern - da waren sonntags mal Wahlen. Wahlsonntag morgens in der DDR begann im Rundfunk bei Radio DDR mit der Übertragung von Arbeiterkampfliedern und Militärmärschen.
Ich hörte davon nichts denn ich lag im Bett und schlief den "Schlaf des Gerechten" wie man so sagt. Dass Wahlen waren war mir bekannt, die Propaganda hatte schon bestens dafür gesorgt, als dass man es vergessen konnte.
Der Grund meines Schlafes war der, ich arbeitete in dieser Zeit in der Landwirtschaft, speziell in der Rinder- und Milchproduktion und hatte in der vorangegangen Nacht Nachtschicht und kam deshalb erst morgens gegen 06:30 Uhr ins Bett.
Gegen 13:00 Uhr stand ich auf, stellte die Kaffeemaschine an und öffnete das Küchenfenster, denn die Sonne lachte und die Frühlingsluft drang ins Haus.
Während ich meinen Kaffee schlürfte, rief es auf einmal von der Straße ins Fenster herein: " Herr XXXX, haben Sie schon gewählt?!" Ein Fremder, wahrscheinlich vom Rat des Kreises mit Parteibonbon am Revers glotzte auf mich zum Loch herein.
Da fiel es mir wieder ein, ich sah mich genötigt, mich zu entschuldigen wegen der Schichtarbeit und versprach gleich ins Gemeindeamt zum Wahllokal zu kommen.
Das war mir auch noch nicht passiert, dass man selbst kam und zur Wahl aufforderte!
Mir ist bekannt, dass behinderte und versehrte Personen mit der "Fliegenden Urne" aufgesucht wurden, um die Wahlbeteiligung hoch zu halten.
Nach diesem Erlebnis weiß ich, welcher Mut dazu gehörte, in der DDR
nicht zu wählen.