von Dietrich » 01.06.2012, 13:16
Peppone hat geschrieben:
Die Straßen der Römer blieben noch lange - auch ohne Pflege - besser als die Trampelpfade, die die Germanen selber anlegten. Nicht umsonst entstanden die ältesten germanischen Siedlungen entlang alter römischer Handelsstraßen. Die Salzstraße quer durch Bayern, die z.B. Salzburg und Augsburg verband, verlief über Traunstein, nördlich am Chiemsee entlang
Nach dem Untergang Westroms zeigten sich vor allem in den Gebieten nördlich der Alpen - im römischen Germanien, Britannien und Gallien - unübersehbare Verfallsserscheinungen. Im 5. Jh. verließen die meisten Römer - so z.B. Beamte, Kaufleute, Gutsbesitzer, Soldaten - die Provinzen. Die Römerstädte an Rhein und Donau verödeten, römische Gutshöfe verschwanden, Straßen und Brücken zerfielen. Der Untergang der römischen Zivilisation führte bei den nur dünn romanisierten germanischen Völkern aber auch in Britannien und Gallien zu einem Niedergang des Wissens und der Kultur und bewirkte einen Rückfall in barbarische Verhältnisse.
Bezeichnenderweise siedelten sich die Germanen in Städten wie Köln oder Mainz nicht im verlassenen Stadtgebiet selbst an, da ihnen das nicht geheuer war. Sie errichteten ihre Fachwerkbauten am Rand solcher Römerstädte und benutzten die römischen Steinbauten lediglich als Steinbruch. Erst im Verlauf von 200-300 Jahren wurde allmählich das alte Stadtgebiet wieder besiedelt, das allerdings ein gänzlich anderes Aussehen und eine neue Straßenführung erhielt, die lediglich in einigen Magistralen den Verlauf des alten römischen Quadratnetzes erahnen lässt.
Man kann das u.a. schön nachlesen in: Heinz Günther Horn u.a., Die Römer in Nordrhein-Westfalen, Stuttgart 1987, Theiß-Verlag Unter der Vielzahl zeitgenössischer Quellen ist die Vita des heiligen Severin eindrucksvoll, die unter anderem beschreibt, wie die romanisierte Bevölkerung an der Donau ihre Gutshöfe und Städte verlässt, die von den im 5. Jh. vordringenden Germanen geplündert und zerstört werden.
Etwas anders war die Situation in Italien oder in Südfrankreich, wo eine alte gallo-römische Senatsaristokratie saß, die nicht oder wenig von plündernden Germanen behelligt wurde und später mit der fränkischen Aristokratie zusammenarbeitete und verschmolz. Auf dem Balkan allerdings hatte die romanisierte Bevölkerung einen schweren Stand und wurde von den im 6./7. Jh. vordringenden Slawen ihrer Identität beraubt.
Dieser Niedergang des Wissens und der Kultur veranlasste Karl den Großen zu seiner berühmten Karolingischen Renaissance, die alle Bereiche des Wissens und der Kunst erneuern und die verfallene Bildung heben wollte.
Peppone hat geschrieben:
Schon Henri Pirenne hat erkannt, dass mit dem Zusammenbruch des (West-)Römischen Reichs die Antike noch nicht endete, weil das Wirtschaftssystem der Römer noch weiter bestand. Erst der Einbruch der Araber in die Mittelmeerwelt habe ein vollständig neues Wirtschaftssystem geschaffen (auch in Europa), wodurch dann erst die Antike wirklich geendet hätte.
Henri Pirenne - Gott hab ihn selig - sagt genau das Gegenteil. Nach dem Untergang Westroms und verstärkt nach der Expansion des Islam verödeten die Städte in Gallien und im einst römischen Germanien. Der Handel reduzierte sich, der Fernhandel brach weitgehend zusammen und es entstanden autarke große Domänen.
Vom sozialen Gesichtspunkt aus ist das bedeutendste Phänomen ... die schnelle Verminderung und nachher das fast völlige Verschwinden der städtischen Bevölkerung ... Das Ende des städtischen Typus ergab sich daraus, dass die Eroberer des Römischen Reiches außerstande waren, dessen Institutionen in alter Form weiterfunktionieren zu lassen ... Daraus aber musste sich ein fast vollkommener Stillstand des Handels ergeben; auch das Gewerbe verschwand fast ganz ... Der Umlauf des Geldes hörte beinahe auf ...
Das Verschwinden der Städte änderte die ganze Struktur der Wirtschaft ... Jetzt gab es nur noch eine Art des Reichtums: den Reichtum an Grundbesitz. Nur eine Art von Arbeitern bestand noch: die Bebauer des Landes ... Die Größe der Domänen wuchs, denn der kleine Bauer war seiner städtischen Absatzmärkte und also seiner Einkünfte beraubt; er war also gezwungen, sich der nächsten Domäne anzuschließen und ihrem Herrn sein Land abzutreten.
(Henri Pirenne, Geschichte Europas, Frankfurt/M. 1961, S. 81, 83, 84 f.)
Henri Pirenne beschreibt also das Bild eines Westeuropas (Gallien und römisches Germanien), das nach dem Untergang Westroms die Stadtkultur weitgehend, verliert, den Fernhandel einbüßt, zu einer autarken Landwirtschaft der Domänen und in weiten Teilen sogar zum Tauschhandel zurückkehrt, da der Münzumlauf stockt oder versiegt.
[quote="Peppone"]
Die Straßen der Römer blieben noch lange - auch ohne Pflege - besser als die Trampelpfade, die die Germanen selber anlegten. Nicht umsonst entstanden die ältesten germanischen Siedlungen entlang alter römischer Handelsstraßen. Die Salzstraße quer durch Bayern, die z.B. Salzburg und Augsburg verband, verlief über Traunstein, nördlich am Chiemsee entlang [/quote]
Nach dem Untergang Westroms zeigten sich vor allem in den Gebieten nördlich der Alpen - im römischen Germanien, Britannien und Gallien - unübersehbare Verfallsserscheinungen. Im 5. Jh. verließen die meisten Römer - so z.B. Beamte, Kaufleute, Gutsbesitzer, Soldaten - die Provinzen. Die Römerstädte an Rhein und Donau verödeten, römische Gutshöfe verschwanden, Straßen und Brücken zerfielen. Der Untergang der römischen Zivilisation führte bei den nur dünn romanisierten germanischen Völkern aber auch in Britannien und Gallien zu einem Niedergang des Wissens und der Kultur und bewirkte einen Rückfall in barbarische Verhältnisse.
Bezeichnenderweise siedelten sich die Germanen in Städten wie Köln oder Mainz nicht im verlassenen Stadtgebiet selbst an, da ihnen das nicht geheuer war. Sie errichteten ihre Fachwerkbauten am Rand solcher Römerstädte und benutzten die römischen Steinbauten lediglich als Steinbruch. Erst im Verlauf von 200-300 Jahren wurde allmählich das alte Stadtgebiet wieder besiedelt, das allerdings ein gänzlich anderes Aussehen und eine neue Straßenführung erhielt, die lediglich in einigen Magistralen den Verlauf des alten römischen Quadratnetzes erahnen lässt.
Man kann das u.a. schön nachlesen in: Heinz Günther Horn u.a., Die Römer in Nordrhein-Westfalen, Stuttgart 1987, Theiß-Verlag Unter der Vielzahl zeitgenössischer Quellen ist die Vita des heiligen Severin eindrucksvoll, die unter anderem beschreibt, wie die romanisierte Bevölkerung an der Donau ihre Gutshöfe und Städte verlässt, die von den im 5. Jh. vordringenden Germanen geplündert und zerstört werden.
Etwas anders war die Situation in Italien oder in Südfrankreich, wo eine alte gallo-römische Senatsaristokratie saß, die nicht oder wenig von plündernden Germanen behelligt wurde und später mit der fränkischen Aristokratie zusammenarbeitete und verschmolz. Auf dem Balkan allerdings hatte die romanisierte Bevölkerung einen schweren Stand und wurde von den im 6./7. Jh. vordringenden Slawen ihrer Identität beraubt.
Dieser Niedergang des Wissens und der Kultur veranlasste Karl den Großen zu seiner berühmten Karolingischen Renaissance, die alle Bereiche des Wissens und der Kunst erneuern und die verfallene Bildung heben wollte.
[quote="Peppone"]
Schon Henri Pirenne hat erkannt, dass mit dem Zusammenbruch des (West-)Römischen Reichs die Antike noch nicht endete, weil das Wirtschaftssystem der Römer noch weiter bestand. Erst der Einbruch der Araber in die Mittelmeerwelt habe ein vollständig neues Wirtschaftssystem geschaffen (auch in Europa), wodurch dann erst die Antike wirklich geendet hätte.[/quote]
Henri Pirenne - Gott hab ihn selig - sagt genau das Gegenteil. Nach dem Untergang Westroms und verstärkt nach der Expansion des Islam verödeten die Städte in Gallien und im einst römischen Germanien. Der Handel reduzierte sich, der Fernhandel brach weitgehend zusammen und es entstanden autarke große Domänen.
[quote]Vom sozialen Gesichtspunkt aus ist das bedeutendste Phänomen ... die schnelle Verminderung und nachher das fast völlige Verschwinden der städtischen Bevölkerung ... Das Ende des städtischen Typus ergab sich daraus, dass die Eroberer des Römischen Reiches außerstande waren, dessen Institutionen in alter Form weiterfunktionieren zu lassen ... Daraus aber musste sich ein fast vollkommener Stillstand des Handels ergeben; auch das Gewerbe verschwand fast ganz ... Der Umlauf des Geldes hörte beinahe auf ...
Das Verschwinden der Städte änderte die ganze Struktur der Wirtschaft ... Jetzt gab es nur noch eine Art des Reichtums: den Reichtum an Grundbesitz. Nur eine Art von Arbeitern bestand noch: die Bebauer des Landes ... Die Größe der Domänen wuchs, denn der kleine Bauer war seiner städtischen Absatzmärkte und also seiner Einkünfte beraubt; er war also gezwungen, sich der nächsten Domäne anzuschließen und ihrem Herrn sein Land abzutreten.
[i](Henri Pirenne, Geschichte Europas, Frankfurt/M. 1961, S. 81, 83, 84 f.)[/i]
[/quote]
Henri Pirenne beschreibt also das Bild eines Westeuropas (Gallien und römisches Germanien), das nach dem Untergang Westroms die Stadtkultur weitgehend, verliert, den Fernhandel einbüßt, zu einer autarken Landwirtschaft der Domänen und in weiten Teilen sogar zum Tauschhandel zurückkehrt, da der Münzumlauf stockt oder versiegt.